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Texte zur Kunst
Photography
Ausgabe 99
Copyright: Texte zur Kunst

"Der Index ist ja ein Fachbegriff der Semiotik und bezeichnet ein Zeichen, dessen Besonderheit darin besteht, dass es eine physische Verbundenheit zu den Dingen, über die es etwas zeigt, aufweist. Rauch als Hinweis auf Feuer wird gerne als Beispiel genannt."
S.43
© Gespräch mit Isabelle Graw und Benjamin Buchloh

 

"Es stimmt zwar, dass die Beschers mit ihren Fotos eine Art industrielle Archäologie betrieben haben, dass sie mehr noch Serialität und Systematik großgeschrieben und grundsätzlich sehr spezifische Typen von immer menschenleeren Industrieanlagen in unspektakulären Landschaften bei zumeist grauen Himmel fotografierten, was eine Neutralisierung bewirkt, so als sollte das aufzeichnende, bloß registrierende Moment dieser Fotografie unterstrichen werden, so als habe sich das Künstlersubjekt in ihr ausgestrichen.
Bei genauerer Betrachtung liegen die Dinge jedich komplizierter, denn die Industrieanlagen, ich denke hier an die Serie er Förder- und Wassertürme, steigen gleichsam zu den Hauptakteuren dieser Bildserien auf - nichts lenkt von Ihnen ab, sodass sie auch in ästhetischer Hinsicht zu ihrem Recht zu kommen scheinen. Mann kann eben auch ihre Physiognomie studieren, vergleichbar den Portraits eines August Sander.  Für diese personifizierende Sicht auf die Industrieanlagen spricht auch die Wortwahl der Bechers, die vorgaben, zum "Wesen" ihrer Objekte vordringen zu wollen und einzelne Gebäude "besser kennenzulernen". So spricht man gewöhnlich von Personen - sie machten gleichsam ein Portrait von ihnen. Und dieses Moment der Portraits, das wie bei Sander um Klassifizierung und Typologisierung bemüht ist, wird später, etwa von Thomas Ruff, isoliert, monumentalisiert und mit der antiexpressiven Ästhetik des New Wave verknüpft."
S. 47
© Gespräch mit Isabelle Graw und Benjamin Buchloh

 

"Onlinebilder rutschen schnell und ohne Aufheben als Witze, Memes, Kommentare, Nachrichten oder als reiner Datenschrott durch. Instagram hat die Facebook´sche Illusion einer kontrollierbaren Onlinerepräsentanz der eigenen Person längst hinter sich gelassen, seine Mitgliederprofile haben sich  in einem autonomen Bilderschwarm verflüchtigt. Diese freigesetzten Bilder haben eine andere Art Information in sich, die in gewisser Weise attraktiver und nützlicher ist und unsere Gegenwart ädequater abbildet als die inzwischen merkwürdig deplatziert wirkenden Abzüge vom Filmbild."
S. 61
© Loretta Fahrenholz

 

"Das alles mit sich selbst stets identisch sei, ist eine Illusion - ebenso wie die Strukturen, die unsere Gedanken und Lebensweisen beengen. Buddhisten und Taoisten haben schon vor langer Zeit realisiert, dass das Leben grundsätzlich ergebnisoffen ist.
Überträgt man diese Gedanken auf Kunst und Fotografie, versteht man, dass es ebenso sinnlos ist, nach den "grundlegenden Funktionen" eines beliebigen Mediums zu fragen wie nach den Grundmerkmalen eines Zebras. Schlussendlich gibt es keinen fixierte oder ruhende Identität, weder bei Signifikanten noch bei einer "Spezies". Der "Index" der Fotografie ist eine historische Ansammlung von Prozessen und Technologien, die auf der Simulation des menschlichen Sehsinns basieren - aber wie das Auge selbst ist die Fotografie nicht an die ursprüngliche Machart gebunden."
S. 97
© Timur SiQin

 

"Was Simulationen so spannend macht, ist, dass sie nicht ohne reale Dinge auskommt, die dann - mehr oder weniger akkurat - simuliert werden. Das heißt, jede Simulation, egal ob gut oder schlecht, hat eine Verbindung zur Realität."
S.101
© Timur SiQin

 

"...So stellt auch das (Foto-)Buch einen begrenzten Raum dar. Gerade deswegen liegt seine Stärke in der Sammlung, (Neu-)Ordnung, Auswahl, Edierung, Gestaltung, Kommentierung, Fragmentierung und Verfremdung digital geschaffener Bildwelten."
S.117
© Michael Hagner

"Selbst ein regelmäßiges Evaluieren und Aktualisieren von institutionellen Schwerpunkten, Lehrplänen und Forschungsfeldern kann kaum Schritt halten mit der Entwicklungsgeschwindigkeit digitaler Bildkulturen im global vernetzten Technokapitalismus."
S. 129
© Clemens Jahn

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